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back...„Die Mütter bleiben zurück, und ihr Schicksal ist wahres Heldentum!“

Die Mütter aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs wollten ihre Nachkommenschaft um jeden Preis schützen und gaben nicht selten ihr Leben für ihre Kinder. Das sind die Mütter, die jeden Tag nach der geringsten Spur ihrer von den Besatzern verschleppten Kinder suchten und nie die Hoffnung verloren, dass sie sie bald wieder in die Arme schließen werden. Am 26. Mai begehen wir in Polen den Muttertag, und wir möchten den heldenhaften Müttern Tribut zollen. Eine von ihnen war Teresa Skibińska, die Mutter von Wojciech und Jerzy Skibiński, ehemalige Häftlinge des deutschen Konzentrationslagers für polnische an der ul. Przemysłowa in Łódź.

 

Teresa Skibińska wurde am 5. April 1913 geboren. Im Alter von gerade einmal 19 Jahren heiratete sie den jungen Tierarzt Czesław Skibiński. Sie ließen sich in einem kleinen Städtchen in der Nähe von Poznań nieder – Mosina. Sie bildeten eine glückliche Familie. Bald kamen die Kinder zur Welt – Wiesia, Jurek, Wojtuś und Szczęsny. Sie bauten ihr Traumhaus. Trotz der deutschen Besatzung führten sie ein ruhiges Leben. Czesław arbeitete als Tierarzt, Teresa widmete sich der Erziehung der Kinderschar. Das Ende der Familienidylle kam im September 1943 mit der „Sache Moschin“. Die Deutschen warfen den Einwohnern und Einwohnerinnen von Mosina vor, zum Schaden des Dritten Reiches zu handeln.

 

Am 9. September 1943 wurden die Erwachsenen verhaftet. Wegen der Kinder kam man am Morgen des 10. September. In den Dokumenten werden sie als „Kinder polnischer Terroristen” bezeichnet. Zuerst wurde Czeslaw abgeführt, dann wurde Teresa verhaftet. Bevor sie ging, wandte sie sich an die erst zehnjährige Wiesa und befahl ihr, ihre Brüder um jeden Preis zu beschützen, nicht zuzulassen, dass sie getrennt werden, und ihre Namen nie zu vergessen. Die Eltern gelangten in die Lager Fort VII und Żabikowo in Poznań. Czeslaw wurde dann nach Bergen Belsen gebracht, wo er umkam. Teresa gelangte von Żabikowo nach Auschwitz. Sie wurde unter der Nummer 67447 registriert. Dort erkrankte sie schwer an Typhus. Dank der Hilfe eines Mitgefangenen, der sauberes Wasser für sie schmuggelte, gelang es ihr zu überleben. Jahre später erinnerte sie sich, dass der Gedanke an ihre Kinder sie zum Leben motivierte. Trost fand sie in den Briefen, die sie der übrig gebliebenen Familie in Mosina schickte. Von ihr erfuhr sie, dass ihre Kinder am Leben waren und sich in einem Lager in Łódź befanden. In ihren Briefen bat Teresa die Kinder, an sich zu denken und zu beten. Trotz ihrer tragischen Lage versuchte sie, ihre Kinder bei Laune zu halten. Sie fand auch Trost in der Betreuung von Kindern im Lager in Auschwitz. Sie hoffte, dass jemand auch ihren Kindern einen Ersatz für mütterliche Liebe geben würde, so wie sie es den Waisenkindern des Lagers gab. Leider stießen ihre Kinder im Lager in Łódź nur auf Hunger, Angst und harte Arbeit. Ende 1944 gelangte Teresa Skibińska in das Lager Ravensbrϋck. Dort traf sie Marysia Wisniewska, eine Przemysłowa-Gefangene. Die Fragen über ihre Kinder nahmen kein Ende. Zu diesem Zeitpunkt war nur noch Wiesia in Łódź. Jurek und Wojtuś wurden zusammen mit den anderen jüngsten Przemysłowa-Häftlingen im Juli 1944 in das Lager in Potulice gebracht.

 

Im April 1945 wurde das Lager Ravensbrϋck evakuiert. Die Frauen marschierten in einem mörderischen Marsch nach Norden. Teresa und drei weitere weibliche Häftlinge entkamen, indem sie sich zunächst in einem Straßengraben und dann in einem Wald versteckten. Dort begegneten sie Flüchtlingen aus einem anderen Lager. Gemeinsam schafften sie es, sich nach Küstrin durchzuschlagen. Die schwierige Heimkehr hatte begonnen. Sie kam hauptsächlich zu Fuß nach Piła, manchmal auch per Pferdewagen. Von dort aus mit dem Zug nach Poznań. Als sie auf der Türschwelle des Hauses ihrer Tante stand, hatte sie keine Ähnlichkeit mehr mit der ehemals eleganten Frau Doktor. Die Kinder waren zu diesem Zeitpunkt bereits zu Hause. Glücklicherweise konnten Jurek und Wojtek dank der Bemühungen der Tante – der Schwester der Großmutter der Kinder - über das Polnische Rote Kreuz gefunden werden. Sie wurden bei Pflegefamilien in Toruń untergebracht. Wiesia kehrte allein zurück. Der kleine Szczęsny wurde in einem Kinderheim in Ostrów Wielkopolski gefunden. Keines der Kinder erkannte seine Mutter. Teresa war abgemagert, trug schmutzige Lagerkleidung und einen Militärsack auf dem Rücken. Sie litt an Aphonie. Von den 163 Frauen, die 1943 in Mosina verhaftet wurden, überlebten nur 23, darunter Teresa Skibińska. Die Frau erholte sich nur langsam. Sie nahm eine Stelle als Büroangestellte an. Die Skibiński-Geschwister gehörten zu den wenigen Überlebenden des Albtraums des Przemysłowa-Lagers, die eine höhere Ausbildung erhielten und ein normales Leben führten. Wiesia trat in die Fußstapfen ihres Vaters und wurde Tierärztin. Jurek machte seinen Abschluss in Biologie, Wojtek in Medizin und Szczęsny wurde Kunsthistoriker. Auf die Frage, wie es ihnen gelang, antwortete Wojciech: Mama hat uns befohlen, nur zur lernen. Gleichzeitig versuchte sie, dafür zu sorgen, dass die traumatischen Erlebnisse das Leben der Kinder nicht beeinträchtigten.

 

Teresa Skibińska starb am 25. Oktober 1996 im Kreis derer, denen sie ihr ganzes Leben gewidmet hatte.


Während eines Treffens mit jungen Menschen im Museum der Polnischen Kinder – Opfer des Totalitarismus sagte Wojciech Skibiński: „Die Mütter bleiben zurück, und ihr Schicksal ist wahres Heldentum!“



Der Text entstand auf Basis eines Treffens mit Herrn Wojciech Skibiński, das am 26.4.2024 im Museum der Polnischen Kinder – Opfer des Totalitarismus stattfand.

 

Fotos aus der Privatsammlung von Wojciech Skibiński.